29. November
Tag 3: 13 km, 7 Stunden Wandern, Höhe 1200 mNN
Wir werden wieder pünktlich um 05:00 Uhr, vom Strahl einer Taschenlampe und den Weckrufen unserer Guides, aus dem Schlaf gerissen. Schnell sind wir wieder in der nassen Hose und beim Frühstück. Denn heute ist unser großer Tag! Es ist Zeit, den heiligen Ort Teyuna zu finden. Auf dem Weg dorthin müssen wir mit Hilfe unserer Guides ersteinmal das tosende Wasser des Buritaca-Flusses überqueren, was wir mittels einer coolen Seilbahn- Gondel bewältigen. Diese wurde mitten im Dschungel installiert, nachdem es bei der ursprünglichen ÜberquerungsMethode, zu Fuß mitten durch den Fluss, einen Todesfall gegeben hat. Der arme Andres, muss nun uns Brocken alle einzeln an Land ziehen. Für uns ist das sicher und gleichzeitig ein riesen Spaß. Bevor wir den Treppenaufstieg zur Stadt beginnen, werden wir von Andres und Jhon gebeten unterwegs einen Stein oder ein Stück Holz auszuwählen und mitzunehmen. In diesen Gegenstand leiten wir dann alle schlechten Gedanken und negativen Energien. Insbesondere auch die, die uns möglicherweise während des Wegs nach oben überkommen. Dann geht es los. Vor uns liegen 1.200, mehr als tausend Jahre alte sehr kleine, krumme und rutschige Steinstufen. Auf der Hälfte des Weges haben wir zum Glück schon einen Stein in unserer Hand und verstehen plötzlich das mit der schlechten Energie. Die Kletterei ist unfassbar anstrengend. Wir sind hoch konzentriert, jeder Schritt muss sitzen. Bloß nicht umdrehen und runter schauen. Nach ungefähr einer halben Stunde klettern, erreichen wir die ersten der alten Wohnsteinringe. Auf jedem dieser Steinringe stand früher mal ein Haus, indem eine gesamt Familie mit allen Generationen lebte. Da unser neunköpfiges Team super pünktlich, motiviert und auch recht flott ist, sind wir tatsächlich wieder die ersten und somit ganz alleine in der Ciudad Perdida. Bevor wir die erste Ebene der Stadt ausgiebig erkunden, betritt jeder aus unserer Gruppe einen kleinen Steinkreis. Dies ist die spirituelle Stätte in der die Kogui regelmässig eine Reinigungszeremonie durchführen, um die Ciudad Perdida so von schlechten Energien und Gedanken zu befreien. Damit wir diese gar nicht erst mit in die Stadt nehmen, legen wir unseren „aufgeladenen“ Stein in der Mitte des Kreises ab. Dieser wird dann einmal umrundet und im Geist bedanken wir uns für den Einlass in die heilige Stätte.
Gänsehaut-Feeling pur.
Um auf die nächst höheren Terrassen der Stadt zu gelangen, wartet erneut eine gigantische Steintreppe auf uns. Diese ist aber deutlich angenehmer zu erklimmen als ihre Vorgängerin. Und so steigen wir immer höher die einzelnen Plattformen hinauf. Und dann ist es soweit. Wir haben es geschafft. Wir blicken auf die fast menschenleere Lost City hinab. Wir haben Sie gefunden und auf dem unfassbaren Weg hierher irgendwie auch ein neues Stück von uns selbst. Wir sind jetzt schon super stolz auf uns und genießen den Ausblick auf diesen ganz besonderen Ort. Unser Weg führt uns noch durch weitere sehr schöne Bereiche und den bewohnten Teil der Stadt. Unterwegs treffen wir sogar noch kurz auf den Mamo, den spirituellen Früherer der Kogui. Er und seine Frau sind auch auf dem 50.000 Pesos Schein abgebildet. Bei einer seiner (vielen) Töchter kaufen wir zum Abschied als Erinnerung ein Armband dessen farbige Steine verschiedene Dinge symbolisieren. Sanni erhält die Reinheit (weiss), die Sonne (gelb) und die Männlichkeit (orange). Gerriet hat zusätzlich noch drei Schwarze “Perlen”. Natürlich hat er schon wieder vergessen, wofür diese stehen …
Nach guten drei Stunden, wird es Zeit den Abstieg anzutreten. Abstieg? Stimmt daran hatten wir morgens in unserer Ankommens-Euphorie natürlich noch gar nicht gedacht. Es geht den selben, halsbrecherischen Weg zurück. Wie gut, dass wir auch beim Verlassen Teyuanas noch einmal die Gelegenheit haben in den Steinkreis zu treten. So tanken wir noch noch einmal ganz viel positive Energie.
Während der Weg bergauf echt anstrengend war ist es bergab, besonders für Sanni, teilweise eine echte Strapaze. Mit jedem Schritt die steilen Steinstufen hinab scheinen die Knie mehr zu schmerzen und ab Schuhgröße 38 wird es verdammt eng auf den Treppen. Und so machen wir dann doch drei Kreuze, als wir endlich wieder am Ufer des Flusses ankommen und auf unsere coole Gondel-Fähre steigen dürfen. Auf der anderen Seite angekommen, wartet noch eine ganz besondere Überraschung auf uns. Unsere Mitwandererin Anna hat an einem Felsen, versteckt hinter einem Blatt eine Schlange entdeckt. Adlerauge. Voll cool. Sanni muss natürlich wieder ganz nah dran. „Ist doch nur eine ganz Kleine. Und guck mal die hat voll die süße schwarze Zunge“. Süß ist hier allerdings die völlig falsche Beschreibung, wie wir später von Jhon erklärt bekommen. Beim entdeckten Exemplar handelt es sich um eine baby Lanzenotter oder einen Buschmeister vermutet er. Beide gehören zu den giftigsten Exemplaren Südamerikas. Insbesondere die Jungtiere, da sie bei einem Biss ihr Gift noch nicht richtig kontrollieren können. Stille.
Nach dem Mittagessen geht es wieder mit vollem Marschgepäck geladen die ca. 10 Kilometer zurück in Richtung Camp 2, wo wir unsere letzte Nacht verbringen werden. Gar nicht all zulange nach unserem Aufbruch ist es dann soweit. Ein Tropenregen, der nun auch in den Augen unserer Guides diesen Namen verdient, bricht los. Ein Hoch auf unsere Müllbeutel. Es gießt mit einer unbändigen Kraft und innerhalb weniger Minuten verwandeln sich unsere Wanderwege in Bäche. Wir stapfen tapfer weiter durch Matsch und Fluten. Nützt ja nix und zwischendurch ist es sogar irgendwie ganz witzig. Der Regen hört nicht mehr auf. Auch als wir im Camp ange-kommenen sind regnet es noch stundenlang weiter. Was für ein Glück, dass dies erst am vorletzten Tag passiert. Denn nun sind auch unsere Schuhe klitschnass.
Fortsetzung folgt….
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